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Knappes Phosphat, trockene Moore und gefräßige Nager

(Bild: Sebastian Nagel)

 

News für den März aus der Agrarwelt

“Im März da hast du gestritten”, heißt es in einem alten, deutschen Volkslied. Und tatsächlich, im März wird gestritten. Es liegt einiges in der Luft, das für Unstimmigkeiten sorgt. Welche Akteure steigen miteinander in den Ring. Wir hoffen, dass es fair zugeht und jeder seine Treffer landen kann.

Es geht um die Engpässe unserer Phosphat-Vorräte. Wie erfahren, wie lange wir damit noch auskommen. Was können wir machen, um das noch hinauszuzögern? Es gibt viele Meinungen. 

Es geht um die Vernässung der Moore. Ein großes Umweltthema. Moore sollen wieder vernässt werden, um mehr CO² zu speichern. Das finden nicht alle gut. Manche Landwirte sind auf die trockenen Moore angewiesen.

Der letzte Streit ist zwischen Mensch und Tier. Die Nutrias vermehren sich rasant und unterhöhlen Äcker und Dämme. Schwierig, das mit denen auszudiskutieren. Oder gibt es da vielleicht eine Lösung, die weitaus köstlicher ist, als ein Faustkampf?

Streit braucht Lösungen. Hoffen wir, dass die zu finden sind.


Was passiert im März

Letzten Monat wurden die Felder gedüngt, nachdem sie aus dem Winterschlaf erwachten. In diesem Monat beginnt der Frühling und die Frühjahrsgetreidesorten kommen aufs Feld. Der Boden wird beackert und gelockert, Zaunpfosten erneuert und Wurzeln gekappt. Frühling liegt in der Luft und emsige Betriebsamkeit beginnt. Der ersten Vögel trällern und die Sonne wird mutiger. Frostige Nächte und sonnenvolle Tage stehen an. Doch scheinbar ist es auch die Zeit für dicke Luft.


Phosphatdüngung

Phosphor ist ein mächtiger und gefährlicher Stoff, erfahren wir durch das Chemie-Lexikon. Wir machen Streichhölzer daraus, Löschmittel, Brand- und Phosphorbomben. Auch in unserem Körper befindet sich Phosphor: In unseren Knochen, Zähnen und in unserer DNA. 

Wir nehmen ihn über Brot, Fleisch, Hülsenfrüchte und Milchprodukte zu uns. Alles also Produkte, die direkt aus der Landwirtschaft kommen. Auch in Pflanzen gibt es ihn und für sie ist er ebenso unverzichtbar wie für uns.

Das Verzwickte ist, wir haben keine Alternativen zum Phosphatabbau. Landwirte, die keinen Viehbetrieb und Viehdünger haben, sind auf den Kunstdünger angewiesen. Laut wissenschaftlicher Prognosen halten die weltweiten Vorräte bei gleichbleibendem Abbau nur noch 50-150 Jahre.

Wieso brauchen wir überhaupt Phosphat? Es ist doch natürlich und überall drin. Das beantwortet Nurec4org. Im Ackerlandbau gehen die ganzen Nährstoffe der Böden, darin auch gebundene Phosphate enthalten sind, in die Ernteerträge. Diese werden durch den Verkauf aus dem natürlichen Phosphatkreislauf ausgeschleust. Wir Menschen verspeisen es und es landet in den Klärwerken. Dort wird der Klärschlamm, der voller Phosphat ist, verbrannt.

Bis in die 70er Jahre war unser Kreislauf geschlossen. Wir nutzten unseren eigenen Klärschlamm. Wir waren selbst Teil des Kreislaufs. Dann stellte man fest, dass sich in dem Abwasser auch giftige Substanzen befanden: Schwermetalle und Quecksilber. Sowas sollte nicht auf unsere Felder. Eine Klärschlammverordnung regelt heute, dass der recycelte Klärschlamm nicht zu belastet sein darf. Inzwischen hat man auch Medikamentenrückstände und Mikroplastik in den Klärschlammrückständen gefunden. Es soll nach dem Umweltbundesamt ganz verboten werden.

BMEL erzählt mehr über die Phosphat-Nutzung in Deutschland. 1/4 beziehen wir durch abgebauten Phosphor. 2/4 kommen durch Wirtschaftsdünger, durch Stallmist und Gülle. Und davon 10% kommen aus recyceltem Klärschlamm und Schlachtnebenprodukten.

Die NABU kritisiert zudem, dass Phosphat verschwenderisch eingesetzt wird. Viel gehe bei unserem Umgang mit dem wertvollen Stoff verloren. Die Pflanzen nehmen ihrerseits immer nur einen Bruchteil davon auf. Weit mehr gelangt durch die Ausscheidung des Menschen in die Kläranlagen.

Das Phosphat muss recycelt werden. Es gibt zwei Wege: Aus dem Klärschlamm holen oder nach dem Verbrennen aus der Asche. Beides wird bereits betrieben und befindet sich in angestrengten Versuchsphasen. Das Recyceln soll bis 2029 verpflichtend werden.

Dass Phosphat ein endlicher Rohstoff ist und zur Neige geht, ist die eine Sache, die andere, dass er meistens unter menschenverachtenden Bedingungen gewonnen wird. Hierzu gibt es einen investigativen Bericht des SRF, über den Gesundheitsschaden, den die Arbeiter in Marokko erleiden, die für OCP, das einzige und staatlich kontrollierte Abbauunternehmen des Landes, arbeiten. Aus Marokko kommt 70% des weltweiten Phosphates. Dass in abgebautem Phosphor neuerdings Uran gefunden wurde, macht die Lage leider auch nicht besser. Deutschlandfunk

Es ist also ein heikler Stoff, für den auf jeden Fall schonendere Maßnahmen getroffen werden müssen. Zum Teil gibt es sie bereits: effektivere Gülleausfahrten, bundesweite Phosphatkarten, wenn jetzt noch das Recyclen besser läuft, sind wir auf einem guten Weg.


Vernässung der Moore

Es streiten sich Umweltschützer und Landwirte. Es geht darum, dass Moore, die zuvor trocken gelegt wurden, um dort Landwirtschaft zu betreiben, wieder unter Wasser gesetzt werden sollen. Der Umweltschutz kritisiert, dass die trockenen Moore zu viel CO² ausstoßen. Die Landwirte, die dort leben, haben sich die Landschaft über Generationen hin erst nutzbar gemacht. Jetzt soll ihre Lebensgrundlage aufgegeben werden.

Der NDR berichtet über das Dilemma. Niedersachsens Ministerin für Landwirtschaft, Ernährung und Verbraucherschutz Miriam Staudte sagt, die Moore seien für 20% der CO²-Emission in dem Bundesland verantwortlich. Ihre Lösung: Die Moore wässern, und zwar schnell! Dafür will die Regierung prüfen, welche Flächen sich eignen und diese aufkaufen.

Die Heinrich-Böll-Stiftung hat den Mooratlas2023 herausgegeben. Dort kann man alles Wissenswerte über Moore und deren Schutz nachlesen. 

Moore wachsen einen Millimeter pro Jahr. Im Schlamm sterben Pflanzenreste ab, die durch fehlenden Sauerstoff nicht vollständig zersetzt werden können. Daraus bildet sich Torf. Die Trockenlegung geschieht wesentlich schneller, kostet aber eine Menge Schweiß und Entbehrungen.

1765 wurden die ersten Siedler in die friesischen Moore geschickt, um sie urbar zu machen. Während des Nationalsozialismus schickte man Kriegsgefangene, die Moorsoldaten, dahin, um das Land umzugraben. In den 1950er Jahren spendierte die Bundesregierung noch einmal 2 Millionen Mark, um Flächen systematisch trockenzulegen. Nach der Teilung Deutschlands waren die Nutzflächen knapp und man versuchte alles zu nutzen, was da war.

Im intakten Zustand speichern Moore CO² besser als andere Ökosysteme; besser als Wälder, Graslandschaften oder Wüsten. Durch die Trockenlegung wurde das gebundene CO² und Methan befreit. Durch die Nutzung der Landwirtschaft oder den Torfabbau wird dem Moor das Wasser entzogen. Das Wasser schützt das Moor vor Sauerstoff. Jetzt kann Sauerstoff ins Moor eindringen und sich mit dem Kohlenstoff darin zu Kohlenstoffdioxid zu verbinden. An 7% der Treibhausgas-Emissionen in Deutschland sind entwässerte Moore beteiligt. Der Anteil der Moore zur Treibhausgas-Emission der Landwirtschaft liegt bei ⅓.

Noch ist es so, dass Trockenlegungen teilweise von EU-Fördergeldern bezahlt werden. Gleichzeitig gibt es eine von der Bundesregierung verabschiedete Moorschutzstrategie.

Man verlangt von den Landwirten, dass sie ihre Produktion grundlegend umstellen auf Paludikultur. So wird Landwirtschaft auf und mit Mooren bezeichnet. Es ließen sich so Dinge anbauen wie Rohrkolben, Schilf und die Moosbeere. Letztere fände sogar als Nahrung Verwendung. Die ersten beiden wären als Bauzubstanz einzubinden. Außerdem könnte man den Wasserbüffel dort ansiedeln. Das sind nur ein paar Beispiele der Möglichkeiten.

Aus dem Moor kann man also auch einiges herausholen, ohne es trockenlegen zu müssen. Ob sich diese Dinge rentieren, ist natürlich eine ganz andere Frage. Es läge jedenfalls nicht einfach brach und wäre für die Nutzung verschenkt. Das ganze Leben würde sich nur von Grund auf ändern.

Insgesamt hat Deutschland im Jahr 2019 805 Millionen Tonnen CO² ausgestoßen. Industrie und Energiewirtschaft sind dabei allein für 60% verantwortlich. Bei Verivox lesen wir, dass die Landwirtschaft davon nur 5% verursacht. Vielleicht sollte man sich erstmal auf die Prioritäten einigen und schauen, wer eigentlich der größte CO² Verursacher ist. Bevor man die mit der kleinsten Lobby zum Wandel zwingt.

Harald Grethe sagt dazu auf einer ,Fachtagung zur Zukunft Moor’ auf Youtube: “Heute wissen wir anderes, was wir damals nicht wussten. Das entwertet diese Leistungen (Trockenlegung der Moore) nicht, aber es stellt uns vor andere Herausforderungen und erfordert andere Aktionen. Aber es erfordert im Grunde genommen denselben Mut.”

Das ist ein schöner Schlusssatz, der beide gegensätzlichen Bemühungen mit dem Wissen der Zeit zu vereinigen sucht. Wir hoffen nur, dass nicht allein die Landwirtschaft für alles geradestehen muss und Unterstützung bekommt.


Nutriafleisch auf dem Teller

Nicht nur unter den Menschen gibt es Streit. Manchmal streitet der Mensch sich auch mit Tieren. Der Kampf mit den Nutrias wird in der Küche ausgetragen und endet für einen der beiden Streithähne in der Bratpfanne. 

Wir nennen sie Biberratte. Das kann auf den Appetit schlagen. Die Holländer bezeichnen sie als Wasserkaninchen. Das ist schon deutlich appetitanregender. Das Fleisch sei sehr lecker, rot und mager. Es handelt sich um mineralreiches Fleisch mit leicht verdaulichem Fett. Es schmecke wohl sehr mild, nach Kaninchen oder Geflügel.

Die Tiere werden im Moment einfach erschossen, entsorgt, verbrannt oder als Fuchsköder benutzt. Nicht sehr wirtschaftlich. Sie dürfen gejagt werden, wenn sie Schaden anrichten. Sie können sich durch Uferregionen oder Dämme fressen. Schlimmstenfalls bricht der Damm und die dahinter liegenden Felder werden überschwemmt. Die Höhlen, die sie graben, sind lang. Sie können bis unter die Weide gehen, wo Weidezäune einbrechen oder schlimmstenfalls Weidetiere. Der SWR berichtet, dass sich die Zahl der Nutrias in den letzten 15 Jahren verdoppelt hat. Sie machen drei Würfe pro Jahr. Sie brauchen träge Gewässer und möglichst warme Regionen. Daher sind sie überwiegend am Oberrhein zu finden. Schäden am Deich gefährden das ganze Hinterland. Also auch Felder, die dort liegen.

Als invasive Art vermehren sie sich sehr schnell. Sie haben kaum Fressfeinde. Vielleicht haben sie jetzt einen.

Proplanta berichtet von einem Kochkurs, in dem man Nutrias zubereitet. Die Fleischerei Bickert aus Essen bietet sie zum Verkauf an. Der Metzger ist selbst Jäger und hat sie eigenhändig geschossen.

Indem wir sie in unsere Nahrungskette eingliedern, könnten wir das Problem in den Griff bekommen.


Fazit

Gestritten wird überall. Vertragen sollten wir uns spätestens im nächsten Monat. Unsere Ziele sind weitestgehend ähnlich: wir wollen essen und leben und das am liebsten in einer lebenswerten Welt.

Wäre es nicht schön, wenn wir sämtliche Probleme so einfach in den Griff bekämen wie die Nutrias? CO²-Emissionen, Phosphatknappheit und Moorvernässungen, alles zusammen in die Pfanne hauen mit Zwiebeln und Knoblauch und verputzen.

So leicht ist es nicht. Wir müssen gemeinsam nach Lösungen suchen und nicht nur alles weiterreichen und auf andere abwälzen.

Viel wird von der Landwirtschaft verlangt, oft verfrachten Umweltbewegungen ihre Schuldzuweisungen auf sie. Obwohl es andere Industriezweige gibt, die wesentlich höhere CO²-Emissionen produzieren und eben nicht zum Wohle aller arbeiten, wie es die Landwirtschaft tut.

Dass trotzdem viele Landwirte bereit sind, mitzugehen, zeigt, wie nah diese dran sind an dem Thema Umwelt, näher als die Industrie.

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