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Bauer Willi im Interview

Bauer Willi ist ein deutscher Landwirt, der sich für die Verständigung von Bauern und Verbrauchern einsetzt. Auf seinem gleichnamigen Blog www.bauerwilli.com schreibt er gemeinsam mit einem Kollegen über den beruflichen Alltag und bewegende Themen rund um die Landwirtschaft.

Wir haben mit Bauer Willi ein Interview geführt, über seinen Blog und die Beziehung von Bauern und Verbrauchern gesprochen.

Wie kamen Sie dazu, einen landwirtschaftlichen Blog zu starten?

Das war nicht geplant. Ich habe im Frühjahr 2015 zwei Briefe geschrieben, die mein heutiger Kollege Alois ins Netz gestellt hat. Nachdem der erste Brief „nur“ 60.000 mal gelesen wurde, der zweite jedoch millionenfach gelesen und geteilt wurde, kamen wir aus der Nummer nicht mehr raus. Die tolle Resonanz bei unseren Mitbürgern hat uns motiviert, den Blog einzurichten.

Welches Ziel verfolgen Sie mit dem Blog?

Unser Blog ist eine Nahtstelle zwischen Bürgern und Bauern. Wir berichten aus der Landwirtschaft und nehmen die Bürger in unseren Alltag mit. Videos aus der Praxis kommen dabei besonders gut an, aber wir greifen auch kritische Themen auf, die kontrovers diskutiert werden. Glyphosat ist ein Beispiel, denn da geht es in den Diskussionen immer hoch her! Immer fair im Ton, aber durchaus auch mal hart in der Sache.

Welche Themen liegen Ihnen dabei besonders am Herzen?

Wir haben keine Lieblingsthemen. Praktische Dinge liegen uns näher, aber wir machen auch vor politischen Themen nicht halt. Wir müssen aber auch darauf achten, dass wir nicht in irgendeine Schublade gesteckt werden. Das wird nämlich immer gerne versucht und da achten wir sehr auf Unabhängigkeit. Unsere Leser schicken uns auch Mails mit Vorschlägen, worüber wir mal berichten sollten. Wenn es passt, machen wir das auch.

Welche Schubladen sind das, in die einige Leser Ihren Blog stecken wollen?

Es gab ganz am Anfang die Vermutung, dass es Bauer Willi gar nicht gibt. Dass eine Gruppe dahintersteht, die sich einen Fantasienamen gegeben hat und pro Landwirtschaft schreibt. Eine andere Unterstellung ist, dass Bauer Willi der Lakai von anderen, zum Beispiel von Verbänden oder der Industrie ist und Geld dafür bekommt. Ich schreibe aber als Landwirt und natürlich pro Landwirtschaft. Viele wollen das bewusst nicht wahrhaben. Wenn dann die Argumente ausgehen, kommen auch mal persönlichen Unterstellungen. Seitdem aber ein Bild von mir auf der Seite zu sehen ist, ich ein Buch geschrieben habe („SAUEREI!“)  und im Fernsehen zu sehen war, ist klar, dass es den Menschen wirklich gibt.

Wie erleben Sie den Austausch mit Verbrauchern, die Ihren Blog lesen?

Das geht von der einfachen Frage „Welche Milch soll ich trinken?“ bis hin zu sehr massiven Aussagen von Tierschützern oder „militanten“ Veganern. Wenn einer die Tierhaltung generell verbieten möchte, ist die Grundlage für einen konstruktiven Dialog nicht mehr gegeben. Aber das kommt sehr selten vor. Was dem Verbraucher schwer fällt zu verstehen ist der Zusammenhang zwischen seinem Kaufverhalten und unserer Produktionsweise. Wir sollen am liebsten nach Bio-Richtlinien produzieren, aber ihm ist das dann anschließend zu teuer.

Was denken Sie wo da die Verständnisprobleme liegen?

Ich glaube, dass der Verbraucher bzw. der Konsument das eigentlich weiß. Das ist wie bei Textilien. Wenn man die Klamotten bei Kik kauft, weiß man normalerweise, dass sie billig produziert wurden.  Den meisten ist im Prinzip klar, dass wenn er Bilder von Massentierhaltung sieht, die ihm nicht gefallen, sein Hähnchen für drei Euro genauso produziert wurde. Mich ärgert vor allem die künstliche Aufregung wie schlimm alles ist, obwohl nichts dagegen getan wird. Dabei können wir Bauern Bio. Es gibt zum Beispiel ganz viele Milchbetriebe, die auf Bio umsteigen wollten und von den Molkereien eine Absage bekommen haben. Einfach, weil der Markt nicht da ist. Das wird aber in den Medien nicht transportiert. Da wird gesagt, die deutschen Bauern sind zu dumm für Bio.

Wo sehen Sie die größten Schwierigkeiten in der Landwirtschaft?

Da müsste ich jetzt ein Buch schreiben, was meine Berufskollegen so alles für Schwierigkeiten sehen! Und vielleicht ist es gerade das: Wir sehen zu oft nur die Schwierigkeiten und machen uns zu wenig Gedanken über die Chancen. Wir haben so einen tollen Beruf, um den uns andere beneiden. Das sollte uns mehr bewusst sein, dann macht auch die Arbeit mehr Spaß. Nicht jammern, sondern gestalten. Das Wort Unternehmer kommt von „etwas unternehmen“!

Was wünschen Sie sich von anderen Landwirten? Was von Verbrauchern?

Mehr gegenseitiges Verständnis. Da haben beide Seiten noch großes Potential. Der Landwirt hält doch oft die Vorstellungen der Verbraucher für „Spinnerei“. Aber das sind sie nicht. Die Zahl der Vegetarier nimmt zu und das wird sich in der Fleischproduktion bemerkbar machen.

Andererseits ist ja nun nicht so, dass Bauern die Verbraucher jeden Tag vergiften wollen. Schließlich steigt die Lebenserwartung trotz „Pestizide“ immer noch. Aber es ist halt schick, mit der Angst zu arbeiten und es gibt auch Quote, die nächste Katastrophe vorherzusagen. So wie beim Waldsterben, dass dann doch nicht stattgefunden hat….

Was glauben Sie: Wie wird sich die Landwirtschaft in den nächsten zehn Jahren verändern?

Wir werden statt 285.000 Betrieben heute in 10 Jahren weniger haben. Meiner Schätzung nach dann so um die 220.000 Betriebe, aber da lege ich mich nicht fest. Digitalisierung wird auf dem Feld und im Stall weiter Einzug halten. Die Betriebe werden sich einerseits weiter spezialisieren, auf der anderen Seite wird es auch mehr Bio-Betriebe geben, die breiter aufgestellt sind. Jeder Betrieb wird einen Teil seiner Flächen für Biodiversität und Artenschutz zur Verfügung stellen müssen. Denn diese Themen werden eine Bedeutung bekommen, die wir heute nicht mal ansatzweise ahnen. Umweltschutz und Nachhaltigkeit werden wichtiger werden, allerdings hoffentlich auch vergütet werden.

Vielen Dank für das Interview!

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